Tiergarten

Reinhard Mey

Ich habe meinen Nussbaum, der so schöne Nüsse gibt.
Ich hab ihn eigentlich nur, weil mein Eichhörnchen ihn liebt,
Das flink und voller Grazie wirbelt in seinem Geäst
Und von der ganzen Ernte mir keine Nuss übrig lässt.

Ich habe meinen Efeu, damit meine Amsel drin
Ihr Nest bau’n kann und für mich singt. Wenn ich mal traurig bin,
Schwingt sie sich auf mit ihrem Lied hoch in den Tannenturm.
Ich habe meinen Apfelbaum für meinen Apfelwurm.

Ich pflege meinen Rasen
Für Maulwürfe und Hasen
Ich hege meine Hecken
Für Käfer und für Schnecken,
Es blühn meine Kamillen
Um meiner Grillen Willen.

Ich gieße meine Katzenminze, weil sich dann vielleicht
Die Katze freut, wenn sie bei Nacht durch meine Minze streicht.
Ich hätschle meinen Kirschbaum nur für einen Star, der dann
Die Kirschen frisst und Gute Nacht, Freunde nachpfeifen kann.

Die Blaumeise dribbelt den Maisenknödel um den Ast,
Die schwere Hummel macht in meiner Glockenblume Rast.
In meiner Pflaume lebt die Made sorglos in den Tag,
Fernab von allen Ängsten, was die Zukunft bringen mag.

Ich höre das Gras wachsen,
Ich hör die Dachse flachsen,
Ich hör die Knospe springen,
Ich hör das Würmchen singen.
Hör den Insektenreigen
Und die Zikaden geigen.

Es sieht in meinem Garten nicht wie Schöner Wohnen aus
Dafür sind alle Tiere drin willkommen und zu Haus.
Und alles singt, zirpt, piept im Chor für mich beim Gartenfest:
Wir lieben unsern Menschen, wir lieben unsern Menschen,
Klingt es aus Gräsern, Moos, und Laub, vom Dach und im Geäst,
Wir lieben unsern Menschen, wir lieben unsern Menschen,
Der uns in Frieden und in Saus und Braus hier leben lässt!

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