1995

Friedrich Kautz, David Bonk, Benjamin Bistram

Ich hab' viel erzählt schon in Fragmenten
Aber heute setz' ich alle meine Leichen aus dem Keller um den Tisch
Nach der letzten Zeile von dem Song hier kannst du sagen
Diese schnell durchgerappten paar Minuten, das bin ich
Ich hab' die Spuren all der Jahre im Gesicht
In mei'm Innern gab es immer viele Sorgen und kein Licht
Doch ich hatte auch die Stimme in mei'm Kopf, die zu mir spricht
Alle wollen dich brechen, aber schaffen werden sie's nicht (nicht)
Ich bin geboren in einer Straße voller kleiner grauer Häuser
Voller Menschen mit ei'm kleinen Horizont
Die ihre Autos waschen, ihre Frauen hassen, ihren Rasen mähen, eigentlich auch sonst
Sind das einfach stinknormale Bürger, die die Steuern zahlen
Sie trinken am Abend dann ihr wohlverdientes Bier
Halten ihre Schnauze, außer höchstens, wenn zuhause ihre Kinder randalieren
Und dann setzt es was dafür
Sie können besser schimpfen als zu sprechen von Gefühlen, die sie spüren in sich drin
Deren Namen sie nicht kennen
Schon ihre Eltern zeigten ihnen nie ihre Liebe
Denn die sahen die Ruinen aus dem Krieg für immer brennen (bam, bam, bam, bam)
Ich sah die Panzer von der US-Army in Oliv
Sah die langen Cadillacs, die Chevys und die Jeeps
Ich war in den Barracks und wir feiern Halloween
Sah den schwarzen Ort das erste Mal bei Andrew im TV
Fuhr mit mei'm BMX und sah viele strange Sachen
Die Klatscher von den Großen, Mann, die brennen in meinem Nacken
Die sind größer und stärker, sag, was soll ich machen?
Ich bin nur fünf Jahre alt und ich glaube noch an Drachen
Papa sagt, ich bin ein Schwächling und ein Feigling, er hat recht
Und dreißig Jahre später schreib' ich Therapeuten Schecks
Bin auf ei'm Auge blind und ich werde operiert
Alleine auf dem Hof, versteck' mich hinter Papier

Les' die Bücher zuhause und danach die Bücherei
Flieh' zu Isaac Asimov, Jules Verne und Karl May
Die meisten Jahre meiner Kindheit fühlt ich mich allein
Hab' Angst vor meinen Träumen, darum schlafe ich schlecht ein
Bin in meiner Klasse nur der Kleine mit der Brille
Werde nie gewählt beim Turnen, nur ein Opfer in Berlin
Währenddessen raucht mein Opa vierzig Kippen jeden Tag
Ist immer nur am trinken und er drückt sich abends Heroin
Weil Bilder ihn verfolgen von Gedärmen
Wie sie quellen aus den Bäuchen von Soldaten, die noch eigentlich Jungen sind
Und er ist nur am zittern an den Armen
Doch ist Arzt und er glaubt, dass am Ende dann sein Führer noch gewinnt (ah, ja)

Auch der Bruder meiner Mama ist ein richtiger Verbrecher
Nur in echt ist das kein bisschen glamourös
Jesus Christus hat ihn dann am Ende nicht erlöst
Denn für ihn ging es nur immer um Erlös
Die meisten werden wohl Ärzte, um die Schmerzen zu beenden
Andre machen Millionen mit den Herzmedikamenten
Fliegen nur noch erste Klasse, aber sind die letzten Menschen
Sie enden als Asche in ei'm Milchkarton aus Pappe
Währenddessen werd' ich Jugendlicher und häng' nur noch draußen rum
Der größte Idiot, den du kennst, ich war genauso dumm
Meine Mama nähte mir einen Sweater oversized
Denn sie hatte keine Kohle für einen Karl Kani
Sie hatte keine Kohle für die Jordan-Sneaker
Die Tiefgefrorene von ALDI war nicht Call a Pizza
Kinder sind kleine Wichser und sie meiden dich
Wenn der Beruf von deinen Eltern nicht der gleiche ist

Als die Mauer fällt, öffnet sich 'ne neue Welt
In Ruinen, wo wir spielen, werden wir langsam zu uns selbst
Tragen einen eignen Stil wie die Navy SEALs
Immer auf Mission, immer hundert Prozent real
Wir sind noch keine Männer, doch wir sind auch keine Jungs
Der Richter ist sich sicher: „Was ihr macht, ist keine Kunst“
Die Stadt hält einen jung, aber macht gleichzeitig alt
Mit dreizehn hatte ich das erste Messer an mei'm Hals
Darum trug ich eine GECO, eine Walther, Parabellum
Denn die Arme, die ich hatte, waren für Faustkämpfe zu schwach
Aber die Arabs tragen Messer und sie stechen zu wie Wespen
Einer trifft mich in meinen Bauch in der Nacht

Erst wird es nur warm, aber irgendwann kommt der Schmerz
Und mit dem Schmerz die Panik, die man hat bei so viel Blut
Heute hab' ich Narben, die ich trage wie Tattoos
Weil ich nichts hatte in meiner Jugend, nur einen Ruf
Weil wir alleine schwächer waren, hingen wir in Crews
Immer irgendein Gangbanger, der mich grade sucht
Vor den Großfamilien war man besser auf der Hut
Wenn sie kommen, dann verschwind' ich wie Houdini mit ei'm Puff (Puff)
Denn jeder kennt die Storys und die Namen, ich weiß viele genau
Zwanzig Jahre vor dem pseudoschlauen SPIEGEL TV
Denken die, die gewinnen einen Pulitzer-Preis
Mit was in Berlin jeder Jugendliche weiß?
Sitzen am Bahnhof mit 'ner Flasche Jim Beam
Ein Banger gibt allen Schellen, darum hassen wir ihn
Und meinen Kumpel haben sie auch ma' ins Koma gehauen
Darum sind wir voller Paras hier und ohne Vertrauen

Es ist Silvester und wir schießen unsre Vogelschreck aus Polen
In den Himmel über uns, denn dahin wollen wir, nach oben
Und die Hälfte meiner Freunde geht zugrunde an den Drogen
Oder tickt sie irgendwann selber, bis sie enden auf dem Boden
Und der Stiefel von den LKA-Beamten ihr Gesicht kickt
Weil Vater Staat dein Kryptohandy observiert und dich fickt
Der Staat killt nur dein Business, wenn er nicht dran mitmischt
Du brauchst nicht meine Brille, um zu sehen, was meine Sicht ist
Meine Freunde sind ein bunter Querschnitt von einer Gesellschaft
Die durchwachsen ist und alles ist dabei
Manche machen Abi, manche haben Geld von Papi
Manche ticken Weed im großen Stil und gehen paar Jahre rein
Manche haben keine Skrupel, die studieren BWL
Manche studieren nicht, doch werden genauso kriminell
Manche gönnen sich zwei Jahre und sie reisen um die Welt
Nehmen Trips auf ihrem Trip und sind danach erhellt
Ich selber bin verzweifelt, es wird die ganze Welt oder nix
Fick das System, aber bitte nicht meinen Mac OS X
Meine Freunde und ich, wir haben keinen gehabt
Nur die North-Face-Jacke für die eisige Nacht
Und die Kälte, die blieb tief in uns drin
Wir suchen einen Vater und wir suchen einen Sinn
Wir sind nur paar Jungs, Reißverschluss bis zum Kinn
Wollen Weiber ficken, doch sie ficken uns und verschwinden
Jedes Herz gebrochen und es riecht nach Zigaretten
Die Illusion verloren und uns kann niemand retten
Suchen etwas, das uns Halt gibt, irgendetwas Festen
Wollen uns daran binden, darum kaufen wir uns Ketten

Weil ich nie Kohle hatte, hab' ich nie gechillt
Weil ich Depressionen hatte, gaben sie mir Pillen
Doch weil ich Visionen hatte, schob ich meinen Film
Ich habe ihn gedreht, mein Budget war nur mein Willen
Darum fühle ich die Menschen, die das kennen
Die wissen, wie sich's anfühlt, innerlich zu brennen
Zehn Jahre keine Pause machen, immer nur zu rennen
Ich bin zu lange wach, irgendwann muss ich pennen

Wissenswertes über das Lied 1995 von Prinz Pi

Wann wurde das Lied “1995” von Prinz Pi veröffentlicht?
Das Lied 1995 wurde im Jahr 2023, auf dem Album “ADHS” veröffentlicht.
Wer hat das Lied “1995” von Prinz Pi komponiert?
Das Lied “1995” von Prinz Pi wurde von Friedrich Kautz, David Bonk, Benjamin Bistram komponiert.

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